Stellungnahme zur Weihnachtsansprache von Bundespräsident Joachim Gauck

Sehr geehrter Herr Bundespräsident Joachim Gauck,

am 25. Dezember wurde im deutschen Fernsehen Ihre Weihnachtsansprache 2013 ausgestrahlt. Da es eine „Weihnachtsansprache“ ist und Weihnachten bekanntlich ein christliches religiöses Fest ist, wäre zu erwarten, dass da auch ausdrücklich Bezug zum Festgeheimnis, der Geburt unseres göttlichen Erlösers Jesus Christus, genommen werde. Es ist klar, dass eine Ansprache eines Bundespräsidenten nicht unbedingt einer Predigt in einer Kirche gleichkommen müsse. Dennoch ist man als gläubiger Christ berechtigt, da gewisse Inhalte zu erwarten.
Gleich zu Beginn Ihrer Ansprache wünschen Sie allen „ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest“ und deuten somit einen gewissen religiösen Inhalt des Festes an. Dem folgt Ihr allgemeiner Wunsch nach einem friedlichen Zusammenleben der Menschen in unserem Land.
Dann aber sagten Sie: „Die da einst nach Bethlehem zogen, sie waren arm“. Und kurz darauf: „Nach der Geburt des besonderen Kindes waren sie alsbald auf der Flucht. Nur so war das Leben des Kindes zu retten“. Dem schließt sich Ihr ausführliches Plädoyer an, speziell Menschen zu helfen, die heute „auf der Flucht“ sind.
Nun, Nächstenliebe ist im Christentum unmissverständlich mit der Gottesliebe verbunden, von der sie sich eigentlich erst ableitet – das erfährt in der katholischen Kirche jedes Kind von klein auf, spätestens beim Erstkommunionunterricht. Was aber an Ihren Ausführungen sehr bitter aufstößt, ist die Tatsache, dass Sie offensichtlich weder die Namen “Jesus, Maria und Josef“ (an der betreffenden ersten Stelle“ noch den Namen „Jesus Christus“ (an der betreffenden zweiten Stelle) über Ihre Lippen bringen (wollen).
Können Sie sich vorstellen, dass z.B. Moslems in Bezug auf Mohammed etwa sagen, „der da in Mekka gewirkt hatte“? Eine solche Formulierung würden sie als eine Beleidigung ihres Religionsstifters ansehen und sich äußerst massiv dagegen empören. Sie als ehemaliger evangelischer Pfarrer aber scheinen sich tatsächlich zu schämen, den Namen dessen zu nennen, dem das Weihnachtsfest erst seine Entstehung verdankt! Das ist nicht nur enttäuschend für alle überzeugten Christen in unserem Land, bei welchem das Christentum einen Großteil seiner Geschichte und Identität ausmacht, sondern beschämt auch Sie persönlich.
Oder wie würden Sie es empfinden, wenn man z.B. bei einer Bundestags- oder Bundesratssitzung vom Rednerpult in Bezug auf Sie als Bundespräsident sagen würde: „der da im Schloss Bellevue sitzt“? Würden Sie das nicht als einen Affront und zudem auch als eine persönliche Beleidigung auffassen?
In unserem Land gibt es eine eindeutige Tendenz, alle speziellen christlich-religiösen Inhalte aus dem öffentlichen Leben herauszuhalten und den christlichen Glauben nur als eine Art Begründung für weltliche politisch-soziale Interessen zuzulassen bzw. zu missbrauchen. Bei dieser traurigen Entwertung bzw. billigen Instrumentalisierung des christlichen Glaubens in unserem Land haben Sie mit Ihrer „Weihnachtsansprache 2013“ leider mitgewirkt.
In solchen Fällen wird hierzulande zur eigenen Verteidigung in der Gegenwart oft angeführt, das Christentum sei ja bei uns keine Staatsreligion und bei uns würden ja in der Zwischenzeit viele Menschen leben, die entweder Atheisten oder Anhänger anderer Religionen sind. Das mag stimmen. Nur hielten Sie ausdrücklich eine „Weihnachtsansprache“, die Sie anlässlich des Weihnachtsfestes an die Bevölkerung richteten. Oder können Sie sich wirklich vorstellen, dass irgendein Politiker in einem der moslemischen Länder z.B. bei einer Ansprache aus Anlass des Monats Ramadan aus Rücksicht auf die in ihren Ländern lebende christliche Minderheit oder die westlichen Streitkräfte, die bei ihnen stationiert sind oder die sie nach offizieller Redensart wie auch immer „stabilisieren“ oder „befreien“, darauf verzichten würde, entweder den Namen des eigenen Religionsstifters Mohammed oder spezielle moslemisch-religiöse Inhalte klar beim Namen zu nennen?
Kürzlich, am zweiten oder dritten Tag nach Weihnachten, traf ich einen moslemischen Mann aus der Nachbarschaft, der mir als einem katholischen Priester mit innerer Anteilnahme davon berichtete, dass er kurz davor einen Film über das Leben von „Jesus und Maria“ sah und wie tief er davon beeindruckt war. Letztendlich verstärken auch Sie mit Ihrem beschämenden Verschweigen des Namens Jesu Christi als des Stifters unserer christlichen Religion in einer Weihnachtsansprache auch bei jenen Moslems, die anständig sind und denen Religion als solche wichtig und heilig ist, den Eindruck, dass sich die Christen in Deutschland ihres Glaubens letztendlich schämen bzw. ihn selbst nicht hochschätzen bzw. bereit sind, ihn aus politisch-gesellschaftlichen Überlegungen heraus, im Namen der sogenannten „politischen Korrektheit“ zu opfern. Bei diesen Menschen sammeln Sie ebenfalls keine Pluspunkte!

Mit freundlichen Grüßen

Pater Eugen Rissling
Ulm, den 08.01.2014

(Dieser Brief blieb bis heute unbeantwortet.)

 

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